Immer wieder ein Wunder

Die Arbeit der Honigbiene Apis mellifera schenkt Leben – auf ganz vielfältige Weise. Ihr Summen erfüllt die Luft, wenn die Heide blüht. Bienen "machen" nicht nur Honig. Wer die Bedeutung dieser Insekten auf ihren Mageninhalt reduzieren wollte, der verkennt die existenziell wichtige Rolle, die die Staaten bildende Imme nicht nur in der Natur, sondern ganz besonders auch für die menschliche Zivilisation spielt: Ein Großteil der Nahrungsmittel, die wir zu uns nehmen, ist maßgeblich von Insektenbestäubung abhängig. Diese entscheidende Ökosystem-Dienstleistung wird zum Großteil von Bienen erbracht. Sie sind unersetzlich.

 

Ohne Insektenbestäubung müssten bis zu drei Viertel der Nutzpflanzen, auf die der Mensch zu Ernährungszwecken angewiesen ist, mit anderen Mitteln bestäubt werden – ein Ding der Unmöglichkeit. Von den 100 menschlichen Nahrungspflanzen, die für 90 Prozent unserer globalen Nahrungsmittelproduktion sorgen, werden 71 von Bienen bestäubt. Schätzungen zufolge liegt der globale wirtschaftliche Nutzen der Bestäubung bei 265 Milliarden Euro, was dem Wert aller Kulturpflanzen entspricht, die auf natürliche Bestäubung angewiesen sind.

 

Dieser an sich schon unvorstellbare Faktor ist freilich stark unterschätzt, da sich dahinter die Tatsache verbirgt, dass die natürliche Bestäubung nicht zu ersetzen ist – und damit steigt ihr wahrer Wert ins Unendliche. Daran sollte man denken, wenn man Honigbienen bei ihrer eher unspektakulären Arbeit außerhalb des von einer Königin „regierten“ Staates betrachtet. Das mit dem Regieren ist für die Queen so eine Sache: Im Grunde ist sie eine Eierlegemaschine, die nichts zu melden hat. Sie wird verhätschelt – aber wenn sie keine Leistung mehr bringt, schafft sich das Volk eine neue Prinzessin, und die Alte hat ausgedient. Wie das genau funktioniert, weiß kein Mensch.

 

Die nahrhaftesten und beliebtesten Nutzpflanzen – darunter viele wichtige Obst- und Gemüsesorten sowie Futterpflanzen für Fleisch- und Milchvieh jedoch in ihrer Existenz bedroht. Klimawandel, Parasiten und Agrochemie gefährden nachhaltig die Zukunft der Biene. Die Verbannung bienenschädlicher Chemikalien aus der Landwirtschaft wäre ein grundlegender und wirksamer erster Schritt zum Schutz der Gesundheit von Bienenvölkern. Imker sind sich darüber einig, dass die parasitäre Varroa-Milbe die Bienenhaltung auf der ganzen Welt ernsthaft gefährdet. Zusätzlich üben neue Viren und Krankheitserreger weiteren Druck auf Bienenvölker aus. Alles hängt mit allem zusammen: So scheinen einige Pestizide Honigbienen zu schwächen, die infolgedessen anfälliger für Infektionen und Parasitenbefall werden - ein Teufelskreis.

 

Bienen bleiben von den vielfältigen und extremen Auswirkungen der industriellen  Landwirtschaft nicht verschont. Sie leiden nicht nur aufgrund der Zerstörung natürlicher Lebensräume, sondern auch unter den schädlichen Folgen intensiver landwirtschaftlicher  Praktiken, da sich ihre natürliche Ausbreitung unweigerlich mit industriellen Agrarlandschaften überschneidet. Dabei spielen sowohl die Zerschneidung natürlicher und naturnaher Lebensräume als auch die Ausbreitung von  Monokulturen eine Rolle. Aufgrund destruktiver Praktiken, die Lebensmöglichkeiten für Bienen einschränken, und des Spritzens von Herbiziden und Pestiziden stellt die industrielle Landwirtschaft die größte Bedrohung für Bienen dar.

 

Verrückterweise ist der Mensch auch hier mit Eifer dabei, genau das zu zerstören, was er eigentlich erhalten will: Durch Pflanzenschutzgifte tötet er wichtige Bestäuber wie Bienen und entzieht so den Pflanzen ihre Lebensgrundlage. Wollte man "der Natur" oder gar "der Schöpfung" eine Absicht unterstellen, so käme man nicht umhin, ihr eine gewisse Ironie und einen Hang zur Morbidität zu bescheinigen: Wer würde sonst als Schöpfer auf die Idee verfallen, etwas zuzulassen oder gar zu erschaffen, das wie der Mensch alles andere um ihn herum zunichte macht?